Steinstraße, Rabet, Grünau: Wo Leipzigs Stadtbibliothek bauen will

Doch auch am Rabet stiegen die Kosten schon während der Entwurfsphase. Die Planung zog sich in die Länge, weil die Stadt vorab prüfen ließ, ob in das Objekt noch ein Polizeiposten passen würde.

Drei große Bauvorhaben planen Leipzigs Städtische Bibliotheken. Wahrscheinlich noch 2024 beginnt die Modernisierung in der Südvorstadt. Bald könnten Neubauten im Osten und Westen der Stadt folgen.

Drei große Bauvorhaben planen die Leipziger Städtischen Bibliotheken (LSB). Bei allen drei soll ein neues Prinzip zum Tragen kommen. Demnach können die Nutzer künftig auch abends oder am Wochenende Bücher und andere Medien ausleihen – selbst wenn zu später Uhrzeit kein Personal mehr in den Häusern arbeitet. „Open library“ heißt das Konzept, dass sich bereits in skandinavischen Ländern bewährt hat. In Leipzig wird es nun zuerst in der Südvorstadt eingesetzt.

Für die Modernisierung der dortigen Stadtteilbibliothek „Walter Hofmann“ hatte die Vorbereitung lange gedauert. 2019 begann die Bauplanung. Doch dann stellte sich heraus, dass dem städtischen Liegenschaftsamt bei Grundstücksteilungen an der Steinstraße zur Jahrtausendwende Fehler unterlaufen waren. Deren Korrektur dauerte fast zwei Jahre und gelang auch nur zum Teil. An der Ostseite konnte sich das Amt hingegen nicht mit privaten Wohnungseigentümern in der Nachbarschaft einigen. Deshalb muss der dortige Bibliotheksgiebel nun als Brandschutzwand ausgebildet werden – mit extra Fenstern und eigener Belüftungsanlage.

Projekt Südvorstadt: mehr Platz und Musikschule

Unterm Strich kostet der Fehler von einst die Stadt 2,75 Millionen Euro zusätzlich. Der Betrag liegt so hoch, weil in der Zwischenzeit die Bau- und Materialpreise emporgeschnellt sind. Mehr als 9,5 Millionen Euro betrug der jüngste Kostenvoranschlag für das Gesamtvorhaben. Auf dieser Grundlage fasste der Stadtrat Ende 2023 den Baubeschluss für das Haus in der Steinstraße 42. Demnach sollen die Arbeiten voraussichtlich im November 2024 beginnen und etwa zwei Jahre dauern.

Errichtet wurde das Gebäude 1930 als „II. Städtische Bücherhalle“ im Stil der Neuen Sachlichkeit. Architekt war Otto Fischbeck, von dem kurz zuvor schon die (inzwischen wunderbar sanierte) Plagwitzer Stadtteilbibliothek an der Zschocherschen Straße stammte. Laut LSB-Direktorin Susanne Metz wird es auch im Süden höchste Zeit für eine energetische Sanierung, die den Brand- und Denkmalschutz berücksichtigt. Zum Beispiel müssten Baumängel behoben werden. Der zu DDR-Zeiten im Treppenhaus eingesetzte Fahrstuhl werde durch einen Außenfahrstuhl an der Südseite (Richtung Fichtestraße) ersetzt. Hinzu kämen dort noch ein neuer zweiter Fluchtweg sowie eine Rampe für Rollstuhlfahrer.

Schülerinnen und Schüler vom Kant-Gymnasium hatten vorgeschlagen, auf den Freiflächen mehr Pflanzinseln sowie Hochbeete anzulegen. Das wird verwirklicht. Die Dächer erhalten Grün und Photovoltaik-Anlagen. „Wir freuen uns besonders über einen Zuwachs bei den Veranstaltungsflächen. Dazu gehören eine Lernwerkstatt und – genau wie in Plagwitz – eine schöne Dachterrasse, die hier aus bautechnischen Gründen leider schon lange gesperrt ist“, erläutert Metz. Eine frühere Hausmeisterwohnung im Erdgeschoss werde die kommunale Musikschule beziehen und dort drei Probenräume nutzen.

Spätestens 2027 – zum 350. Geburtstag der Städtischen Bibliotheken, die mit einer Bücherspende von Huldreich Groß im Jahr 1677 begründet wurden – soll das Haus mit rund 1000 Quadratmetern Nutzfläche wieder ein Schmuckstück sein. Durch Sicherheitstechnik (wie Kameras) wird das Betreten und Ausleihen dann auch ohne Personal möglich: etwa in den Abendstunden. „Solche Systeme gibt es schon öfter – in Sachsen etwa in Kamenz“, berichtet die Direktorin. Auch die zentrale Stadtbibliothek am Wilhelm-Leuschner-Platz arbeite bereits jeden Mittwoch von 10 bis 13 Uhr ohne Service – nur mit einem Wachschutz. Dadurch könnten sich die LSB-Beschäftigten und Azubis (es sind insgesamt 140) noch mehr um Dinge wie die Lern- und Leseförderung kümmern.

Projekt Eisenbahnstraße: Konzept der vier Räume

Ein Standort in ähnlicher Größe fehle dringend im Leipziger Osten. Das soll sich durch einen Neubau in der Eisenbahnstraße ändern: Gleich neben der neuen Schwimmhalle am Rabet, die Anfang 2025 eingeweiht werden soll. Dieser Bibliotheksstandort auf einer kommunalen Fläche könnte mehr als 70000 Menschen von Zentrum-Ost bis nach Sellerhausen erreichen. Eine bislang am Torgauer Platz eingemietete Mini-Bibliothek mit nur 300 Quadratmetern sei viel zu klein und weise eine recht hohe Miete auf, beklagt die Stadt. Sie könnte dann entfallen.

Doch auch am Rabet stiegen die Kosten schon während der Entwurfsphase. Die Planung zog sich in die Länge, weil die Stadt vorab prüfen ließ, ob in das Objekt noch ein Polizeiposten passen würde. Das Ergebnis lautete Nein. Inzwischen gelten 9,4 Millionen Euro als Minimum für die neue multifunktionale Stadtteilbibliothek mit zwei Geschossen. Im November 2023 erhöhte der Stadtrat das Planungsbudget auf 675 000 Euro. Der Baustart könnte im Herbst 2026 erfolgen, die Eröffnung zwei Jahre später.

Das Haus soll nach einem skandinavischen Konzept „Vier Räume“ mit verschiedenen Funktionen erhalten, möglichst flexibel nutzbar sein und ebenfalls als „Open library“ gestaltet werden. Platz wäre für 15 000 Medien und für Veranstaltungen, von denen auch vier Schulen und fünf Kitas in der Umgebung profitieren, betont Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (Linke).

Projekt Stuttgarter Allee: „Interne Abstimmungen“

Sogar schon seit 15 Jahren verfolgt das Rathaus den Plan, in Grünau ein Bürger- und Bildungszentrum (BBZ) im Bereich der Stuttgarter Allee zu schaffen. Anfangs war dafür das frühere Post-Gebäude, später ein Teil vom Allee-Center vorgesehen. Im November 2022 beschloss der Stadtrat, dafür eine kommunale Fläche zu nehmen, auf der bislang das Kulturhaus Völkerfreundschaft („Völle“) und zwei Nachbarhäuser (samt einer kleinen Bibliothek) stehen.

Vorgesehen sind Neubauten für eine Drei-Feld-Sporthalle und das BBZ-Ensemble, in das unter anderem ein Jugendtreff, die Volkshochschule, Bürgeramt, Quartiersmanagement und eine große Stadtteilbibliothek einziehen würden. Der künftige Standort mit ebenfalls etwa 1000 Quadratmetern Nutzfläche soll die heute drei kleinen Bibliotheken in Grünau ersetzen, so LSB-Leiterin Metz. „Wir haben diese Idee von Anfang an unterstützt, denn sie würde viele Vorteile bringen.“

Dazu gehörten mehr Veranstaltungsflächen, ein effektiverer Personal-Einsatz und bessere Technik-Ausstattung, zählt sie auf. Hinzu komme eine Magnetwirkung. „Wer sowieso ins Bürgeramt will, schaut dann sicher auch mal bei uns rein – oder umgekehrt.“ Natürlich sei auch dort das Prinzip „Open library“ vorgesehen. Die neuen Schulbibliotheken und ein ebenfalls neuer Bücherbus mit Elektroantrieb, der in Kürze in Leipzig eintreffen soll, könnten dazu beitragen, dass trotz der Standort-Zusammenfassung eine kostenlose Medienversorgung in der Fläche gewährleistet bleibt.

Allerdings geriet das auf insgesamt 46 Millionen Euro veranschlagte „Leuchtturmprojekt“ BBZ jüngst wieder ins Stocken. Laut Schulbürgermeisterin Vicki Felthaus (Grüne) laufen dazu aktuell noch „interne Abstimmungen“. Wahrscheinlich könne der Baubeschluss frühestens im zweiten Halbjahr 2026 vom Stadtrat gefasst werden. Die Arbeiten würden demnach im besten Fall 2027 beginnen.